GLAS im Motorsport – eine unglaubliche Erfolgsgeschichte


Anfang der 60er Jahre begann in der Bundesrepublik der aktive Breiten-Motorsport.
Für viele Motorsport-Begeisterte war es interessant, mit dem eigenen Wagen bei Slaloms, Zuverlässigkeitsfahrten, Rallyes, Berg- und Rundstrecken-Rennen „dabei zu sein".
Die beliebtesten Kategorien waren die Hubraumklassen 1000 ccm und 1300ccm.
Es gab viele geeignete Autos für diverse Veranstaltungen, z.B. die DKW F12, Mini-Cooper, FIAT 1300, Renault-Gordini, ALFA Romeo Giulietta etc.


Neu hinzu kamen die noch weit unbekannten GLAS S 1004 bis 1204TS. Mit serienmäßigen 42 bis 70 PS, einem guten Leistungsgewicht und Preisen von z.B. DM 6.980 für einen 1204 TS war man gut wettbewerbsfähig (ein VW-Käfer hatte seinerzeit z.B. nur 34 PS).
In der GLAS Versuchsabteilung unter Hans Zettler und Leo Löser wurde zu der Zeit die Weiterentwicklung für die Serie und den Motorsport betrieben. So entstanden hier später der 1304 TS und der 1300 GT mit jeweils 85 PS und 5-Gang-Getriebe.
Dazu kamen viele Spezialteile für den Sport, wie z.B. Nockenwellen, Ventile, Kipphebel, Hinterachsübersetzungen usw., die man bei der ONS homologieren ließ und die der Sportfahrer direkt im Werk bestellen konnte.
In Motorsportkreisen beeindruckten diese Fakten schnell, besonders die bereits mit GLAS Fahrzeugen errungenen Sporterfolge.
Auch in Berlin beobachtete man aufmerksam die neuen GLAS Modelle und dachte an die AVUS, an Slaloms auf den Berliner Flugplätzen und an verschiedene Rallyes und Bergrennen in der nahen Bundesrepublik.
So kam es, dass der Autor mit zwei Freunden ins ferne Dingolfing fuhr, das Werk besichtigte und mit dem 1204 TS eine Probefahrt machen durfte. Diese ging über die niederbayerischen Landstraßen, natürlich mit Bleifuß, es gab ja noch kein Tempolimit.
Das Resultat: Die Freunde Manfred Beckers und Claus Jurichs fuhren mit zwei 1204TS zurück nach Berlin. Nur einer blieb zurück: meine Wenigkeit.

Gerd Bodmer            6Std Rennen am Nürbgring 1966
Mich hatte dies alles tief beeindruckt und als frisch gebackener Werbe- und Pressemann suchte ich einen Job. Der GLAS Werbeleiter Helmut Dannenberg war wie ich gebürtiger Berliner und wir wurden uns schnell einig.
Mein großes Interesse am Motorsport fiel dann dem Leiter der Sportabteilung Franz Kammerbauer auf, da ich auch an den Wochenenden in der Versuchsabteilung, der kleinen Rennwerkstatt oder mit ihm an der Rennstrecke war. Der Wechsel in seine Abteilung war dann ein kurzer Prozess.
Wir verstanden uns prächtig und er wurde einer meiner besten Freunde in Dingolfing. Später wechselte er zu AUDI-VW-Porsche in die USA, wo er leider sehr früh verstarb.
Aufgrund der vielen GLAS Erfolge im Motorsport entwickelten wir den GLAS Motorsport-Pokal: Für Erfolge von Privatfahrern gab es für die ersten drei Plätze jeweils 300/200/100 DM. Hier kam dann ein erheblicher Betrag für das Werk zusammen, der sich amortisieren musste.
Um diese Erfolge für GLAS publik zu machen, übergab mir der damalige Pressechef Werner Zentzitzki die Pressearbeit für den Motorsport. Es wurden Presse-Infos mit Fotos an die Fachpresse verschickt, Redaktionen zu ausgesuchten Rennen eingeladen und Besuche im Werk Dingolfing vereinbart.
Hilfreich hinzu kam Rainer Braun, der bekannte und beliebte Motorjournalist und Streckensprecher. Er berichtete in den vierteljährlich erschienenen GLAS Nachrichten über die vielen GLAS Erfolge im Motorsport. Auch die GLAS Händler wurden in die Aktivitäten einbezogen. Es gab für herausragende Sporterfolge jeweils Plakate für die Ausstellungsräume mit den Siegern der Wochenenden sowie Anzeigenmotive für die regionalen Zeitungen.
Die meisten Siege errang natürlich der legendäre GLAS Werksfahrer Gerhard Bodmer, über den noch ausführlich berichtet wird.
Die Krönung für GLAS und Gerhard Bodmer war der Gewinn der Deutschen Rennsport-Meisterschaft im Jahre 1965 auf GLAS 1204 TS. Bereits drei Jahre zuvor gewann er diese Meisterschaft schon auf seinem ISAR T600.
Außerdem gab es eine noch nie da gewesene Erfolgsserie der Privatfahrer. Neben dem (fast) unschlagbaren Gerhard Bodmer hatten der GLAS Händler Karl Herd sowie Helmut Kelleners und Karl-Heinz Becker die schnellsten GLAS 1204TS. Die weiteren bekannten und erfolgreichsten GLAS Privatfahrer waren u.a. Dieter Schmid (der meist Co-Driver bei Gerhard Bodmer war) sowie Heinrich Baumgartner (Gründer der renommierten Firma BBS), Karl Ostheimer und das Berliner GLAS-Quartett Manfred Beckers, Claus Jurichs und Jürgen Kishauer (in dieser Reihenfolge nacheinander Berliner Wagenmeister der Jahre 1965,1966 und 1967) sowie
Eberhard Heidler.
Im Rallyesport war vor allem der Österreicher Loisl Wiener mit mehreren Staatsmeisterschafts-Titeln äußerst erfolgreich.
In Deutschland waren der Pfälzer Schuhfabrikant Theo Klinck und Norbert Supper mit ihren 1204TS die Messlatte für die Konkurrenz. Auch der langjährige Berliner AVUS- Rennleiter Gerhard Gottlieb war mit seinem GLAS 1204 TS sehr erfolgreich.
Parallel zum Werk gab es auch verschiedene GLAS Tuner, die Teile für den Motorsport anboten oder ganze Fahrzeuge präparierten. Neben dem GLAS- Händler Karl Herd war das vor allem die Firma Dinkel in Königsdorf/Oberbayern und der Nockenwellen-Spezialist Albert aus Wörgl in Tirol. Der Berliner Eberhard Heidler hatte sich dort seinen Motor frisieren lassen, der beim AVUS-Rennen fast so schnell wie das Werksauto von Bodmer war und ihm mit seinem 1204TS viele Erfolge einbrachte.
Leider hatte die Erfolgstory 1967 ein Ende, denn GLAS wurde, wie bekannt, von BMW übernommen. Trotzdem wurden auch in den folgenden Jahren noch viele Siege auf GLAS Fahrzeugen eingefahren.

Wolfgang Gieselmann

Fotos: Robert Kroeschel (3), Walter Kotauschek (1)
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